Tag: 13 + 14 All the Way down South

Es geht immer weiter Richtung Süden. Hier über den Sunny Creek im Hollyford Tal.
Distanz, das lernt man in Südwest-Afrika oder in Chile, sollte man bei einem lang gestreckten Land nie unterschätzen. Zwar hat Neuseeland "nur" die Ausdehnung der alten Bundesrepublik nach Kilometern, doch durch die Topographie in den Fjordlands schlängeln sich die Straßen derart durch wild zerklüftete Berglandschaften und hügelige Täler, dass man leicht auf die doppelte, wenn nicht dreifache Entfernung der Luftlinie kommt. So kann es einem passieren, dass man, um an einen nur ca. 25 Kilometer entfernten Ort zu kommen, hunderte von Kilometern fahren muss. So geschehen bei unserer Fahrt zum Milford Sound. Das mächtige Gebirge ist ein einfach nicht zu überwindendes Hindernis. Die Straßen aber - das muss man den Neuseeländern lassen - sind in absolutem Bestzustand. Für Motorrad-Tourenfahrer der Traum schlechthin. Stundenlanges Fahren über kurvenreiche, alpine Pässe ohne jemanden zu begegnen ist hier Standard. Und auch mit Wohnmobilen sind alle Routen prima zu befahren.
Und so stehen wir in der Tat nur 24 Stunden später, aber 324 Kilometer weiter nur wirklich 25 Kilometer Luftlinie vom ursprünglichen Ausgangspunkt am Dartriver bei Glenorchy entfernt, auf der anderen Seite der mächtigen Humboldt Mountains. Es führt nur der weltbekannte Routeburn Track ins entlegene Hollyford-Tal, wo 1936 eigentlich eine Straße bis nach Queenstown fertig gestellt werden sollte. Doch mit dem Zweiten Weltkkrieg wurden die Arbeiten bis heute nicht wieder aufgenommen. Und so ist das Hollyford-Tal bis heute eine Sackgasse, die in einem kleinen Ort mündet, an dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Eine tote Tankstelle, ein kleines Museum, das die traurige Geschichte eines Pioniers erzählt, der mit seinem Sohn auf einem Pferd in den reißenden Fluten des Hollyford Rivers ertrank. Es lohnt allerdings der Ausflug zu den gewaltigen Humboldt Wasserfällen, die sich in drei Kaskaden aus fast 300 Metern in die Tiefe stürzen.
Die Tankstelle im Hollyford Tal. Seit Jahr(-zehnten) außer Betrieb..
Warum die Straße nicht weiter gebaut wird, verstehen die Handvoll Einheimischen nicht. Doch wer die Tourismus-Industrie besser kennt, durchschaut den Plan. Mit Bussen werden in der Saison die Touristen zu Tausenden von Queenstown zu den malerischen Seen Lake Te Anau und Lake Manapouri gekarrt. Dortselbst starten die Ausflüge zum Doubtful Sound oder zu den Glowworm Caves, den Glühwürmchen-Höhlen, in deren Nähe sich auch eines der größten Wasserkraftwerke der Region befindet, was den Strom für den gesamten südlichen Teil der Südinsel nebst Dunedin und Queenstown liefert (Besichtigung möglich). Würde es eine direkte Verbindung nach Queenstown geben, würden die kleinen Orte Manapouri und Te Anau und deren Gastronomie schnell in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Zudem lassen sich so die viel teureren Overnight Cruises vermarkten.
Noch ein Wegweiser - diesmal schwer witzig.

Wir machen uns durch diese aufregende Landschaft auf zum südlichsten Punkt Neuseelands, nach Stewart Island. Die Route 99 schlängelt sich durch eine unfassbar abwechslungsreiche Gegend. Während am Homer Tunnel brachiale Felswende senkrecht in den Himmel steigen, geht es bald durch das vor goldfarbenem Gras leuchtende Tal des Eglinton Rivers. Nach Te Anau geht es in Cattle Gebiet, wo Farmer riesige Rinderherden halten. Hier enden fast alle Orte auf "burn". Was allerdings nicht von "verbrannt" kommt, sondern vom Altenglischen oder Mittelhochdeutschen "Born", also Quelle. Die ersten Farmer hatten Ende der 1880er Jahre ihre Orte einfach nach dem Zustand gefundener Quellen benannt oder gleich die Maori Namen beibehalten.
Der Ausblick am Eglinton River - sehr sehr schön...
So wie Wakapatu, Orepuki oder Waihhoaka. An letzterem Ort trifft die Route 99 auf die Tasmanische See. Und wir werden Zeuge eines unheimlichen Schauspiels, dass es nur zu dieser Jahreszeit gibt. Denn plötzlich kriecht eine Nebelwand vom Südpazifik auf die Küste zu und umhüllt alles mit ihrem kalten, weißen Mantel. Eben sehen wir noch die seltenen Hector-Delphine in den mächtigen Wellen springen - dann ist alles wie in einem White Out. Grund: Das Wasser der Tasmanischen See verdunstet in der immer noch starken Herbstsonne, kühlt sich jedoch sehr rasch ab und kondensiert gleich über dem Meer. Ein Phänomen, wie es auch an der US-Westküste ab San Fransisco nach Norden bis Oregon im Sommer zu sehen ist. Wir sehen die Sonne erst wieder, nachdem wir im kleinen Hafenort Bluff einen 400 Meter hohen Berg hinauf fahren. Dort brechen wir durch die Nebelwand und vor uns liegt - Stewart Island....
400 Meter über N.N. - Stewart Island im Süden Neuseelands...