Tag 9: Toblerone Mountain

Grandiose Landschaft in den Bergen: der Lake Marian auf der Südinsel im Höhenzug der Fjordlands.
Nach einem schon ärgerlichen Bericht von der leider auch existenten Touristenabzocke bei den Kiwis, muss man dann doch noch einmal die unglaubliche Schönheit dieses Landes hervorheben. Und es sind - wie immer im Leben - die einfachen Dinge, die bestimmte Momente unvergesslich machen. Während sich Horden von asiatischen oder US-amerikanischen Reisegruppen mit Bussen zu Neuseelands Hauptattraktionen gondeln lassen, ohne auch nur in Schweiß zu geraten, findet man die wahre Majestät landschaftlicher Erhabenheit nur durch Anstrengung und Bereitschaft Risiken einzugehen. Etwas, dass Bergsteiger beispielsweise sofort unterschreiben. Was schwülstig klingen mag, belegen die Bilder. Nach einem zweistündigen, richtig harten Aufstieg auf einem steilen, unterhalb schwindelerregender Kreten in den Urwald getriebenen Pfad, erreichen wir einen dieser sehr seltenen Orte auf Erden. Den Lake Marian. Verwunschen. Abgelegen. Malerisch. Ein wie vom Herrgott selbst geschaffenes Kleinod.
... vorbei an reißenden, kristallklaren Wildbächen.

Der kristallklare See, Überbleibsel des erst vor etwa 50 Jahren im unteren Teil abgeschmolzenen Gletschers, sieht aus wie in einer Toblerone-Werbung. Jäh steigen schwindelerregende Felswände vom gegenüberliegenden Ufer bis zu 800 Meter hinauf, wo Wolkenfetzen, die mächtigen Kronen der Bergspitzen umspielen. Eisfelder speisen Wasserfälle, die in schier endlosen Kaskaden zu Tal brechen. Auf der anderen Seite des Sees erhebt sich auf der Nordseite (also hier auf der Südhalbkugel der Sonne zugewandten Seite) eine grüne Wand. Die durch die immer feuchte Luft des Pazifik gespeiste Vegetation hat sich mit Moosen und Farnen auch die höchsten Felswände erobert. Was für ein Kontrast. Man sitzt still auf einem der gigantischen Felsblöcken, die vor Jahrhunderten oder Jahrtausenden aus der steilen Wand hoch über einem gebrochen sind und ergibt sich in diesen Moment. Fast eine Stunde. Einfach so.
Schilder warnen vor dem Steinschlag.
Der Hinweis auf die Risiko Bereitschaft kommt nicht von Ungefähr. Leider gibt es auf der beschwerlichen Strecke hinauf immer wieder Anblicke totaler Zerstörung. Denn wenn etwa 1000 Meter in der Wand über einem die Natur - sei es durch Wetterschlag, Eissprengung oder der leider häufigen Erdbeben -hausgroße Felsen absprengt, hält diese nichts auf. Alles, was im Wege steht wird pulverisiert. So überquert man auch schon mal eines jener Schuttfelder, wo kleinwagengroße Felsbrocken riesige Nothofagusbuchen wie Streichhölzer zerfetzt haben. Offenbar erst vor wenigen Wochen oder Monaten. Gleich daneben liegen uralte von Moosen überzogene Steingiganten, auf denen 300 Jahre alte Bäume ihre knorrigen Kronen trotzig den Bergwänden entgegen recken.
Die Vegetation hat sich bis zu den Bergspitzen hinauf gekämpft - mit Wasser versorgt durch die feuchte Lift des Pazifik.
Ein Schild der Ranger warnt, auf mehreren Abschnitten nicht stehen zu bleiben, sondern stets weiterzugehen. Steinschlag ist noch die harmloseste Umschreibung fûr das, was auch an heiteren Tagen wie aus dem Nichts passieren kann: eine Steinlawine, ein plötzlicher Bergrutsch durch ein Erdbeben oder ähnliches. Die Aufforderung schnell weiterzugehen erscheint wie Hohn. Doch in manchen Abschnitten scheint sie angebracht, nämlich dort, wo sich die Geröll-Lawinen immer wieder ihre Bahn brechen.
So schön, so zerstörerisch - die Natur hat ihre eigenen Gesetze, die man befolgen sollte.
Auch hier der Satz am Ende: Diese Bilder sprechen einfach für sich...
So klein (oder groß) fühlt man sich auf den hausgroßen herausgebrochenen Felsbrocken.