Tag 10: Bungee - das Original!

Am Gummiseil 43 Meter in die Tiefe stürzt man dem Kawarau-Fluss entgegen.
Wie schnell die Jahre vergehen, bemerkt man mit Erschrecken am Betrachten älter Fotos. Kurz nach dem wir mit unserem Bolero Road Van die alte, kurvige Straße vom Lindis Pass in Richtung Queenstown gerollt sind, passieren wir die alte Kawarau Bridge, die erste Drahtseil Hängebrücke Neuseelands, die schon 1889 über den gleichnamigen Fluss im tief eingeschnittenen Tal geschlagen wurde.
Hier begannen zwei Neuseeländer und "Queenstown Locals" AJ Hackett und Henry Van Asch fast genau 100 Jahre nach dem Brückenbau mit ihrem legendären Bungee-Jumping (die Neuseeländer schreiben Bungy überwiegend mit "y"). In dem mittlerweile super modernen, voll kommerzialisierten Bungee-Center-Gebäude, das sich in den Fels am Ufer des Kawarau schmiegt, hängt gleich zu Anfang eben ein Foto der beiden Bungee-Jünger - nur ist das aktuell und zeigt zwei Endfünfziger, die sonnengebräunt in die Kamera lachen. Gleich daneben ein Foto aus dem Gründungsjahr, wo die Jungs noch aussehen wie Dieter Bohlen und Thomas Anders. Mit Fukuhila-Frisur und bunten, ballonseidenen Trainingsanzügen. Eben vor gut 26 Jahren, als die beiden als Spätzwanziger die ursprüngliche Idee des Oxford University Dangerous Sports Club in ihre Heimat importierten (die hatten sich das vom Männlichkeitsritual der Lianenspringer von Pentecôte abgeschaut).
Furchterregend - gemeint ist der Twen und Bungee-Master, der aussieht, als sei er. Gerade vom Afghanistan-Feldzug zurück...
Das Geheimnis des stabilen Flugs - ein korrekter Absprung!
Und genau 20 Jahre ist es her, dass der Autor dieses Blogs, 1994 im australischen Arlie Beach eben jenen Herren begegnete und seinen ersten Bungee-Jump machte. Damals noch von einem gemieteten, 38 Meter hohen Autokran über einem Tümpel, in dem tatsächlich ein kleines Frischwasserkrokodil schwamm (offenbar harmlos). A.J. Hackett und Henry Van Asch hatten ihre Idee bereits erfolgreich nach Down Under, in mehrere Backpacker Paradiese und nach Frankreich exportiert. Und Herr Van Asch wickelte damals noch höchstpersönlich das Handtuch um meine Fußgelenke, woran im Anschluss der Gurt für die Verbindung mit dem dicken Gummiseil geschlauft wurde.
Zuschauer gibt es reichlich.
Daran hat übrigens bis heute nichts geändert. Aber eben alles andere. So lebt Namensgeber A.J Hackett seit vielen Jahren ein opulentes Frührenter-Dasein in Südfrankreich. Das Bungee-Jumping gibt es mittlerweile weltweit und die Waage, auf der ich diesmal stehe, zeigt stolze 15 Kilogramm mehr an...
Nun also das "Original" an Dr ehrwürdigen Kawarau-Bridge: Am etwas klammen Gefühl auf dem Absprungpodest hat sich übrigens auch nichts geändert. Aber nach ein paar Jahren mehr ist man irgendwie abgeklärter und der Puls bleibt wohl bei 120. Gute 43 Meter unter einem gurgelt das stahlblaue Wasser des Kawarau-Rivers, während sich zwei Helfer im Schlauchboot bereits anschicken den Deutschen anschließend vom Gummiseil zu bergen. Heutzutage ist alles professionalisiert: Drei Videokameras filmen den Sturz, nochmal vier Digitalkameras schießen Fotos vom Brückensprung. Alles aus jeder Perspektive. Vor 25 Jahren war man froh, wenn unten einer rechtzeitig auf den Auslöser der Kamera drückte...
Vogelperspektive. Ungefähr so sieht es aus, wenn man auf der Brücke steht.
Beeindrucken kann man die Jungs und Mädels Anfang 20, die einen diesmal angurten, nicht mehr. Höchstens mit den Bungee-Gedchichten von "früher". Aber auch mit dem mal richtig korrekten Absprung hatten sie bei dem Mittvierziger wohl nicht gerechnet - was man auf dem Video noch hören kann und einen dann doch mit Stolz erfüllt. Denn die meisten stürzen wie ein nasser Sack von der Plattform in die Tiefe. Dabei ist das Geheimnis für einen stabilen Fall ein Absprung wie auf dem 10 Meterturm: schön gestreckt nach vorne - dann fällt man schön gerade.
Am Ende ist alles dann doch schnell vorbei und 180 Neuseeland-Dollar haben sich in Luft aufgelöst. Damals, in Australien kostete das Ganze übrigens nur 55 Australische Dollar. Fast ein Drittel. Dafür kann man heutzutage noch mal 80 NZ-Dolllar für die Video-DVD und einen Downloadlink hinblättern. Den USB-Stick in Form eines Karabinerhakens für nochmal 30 Dollar lehne ich dankend ab. Bei den Bildern kann man aber nicht nein sagen - zu groß sind das Ego und der Stolz.
Mit den Händen eintauchen ist drin...
Immerhin: Da die Mannschaft genau an diesem Wochenende das Einjährige Jubiläum ihres Zipliners feiert, kann man sich für nur 20 Dollar an ein etwa 200 Meter langes Stahlseil hängen lassen und zu Tal sausen. Dazu gibt es anschließend noch eine (leider erkaltete) Bratwurst gratis.
Aber was will man über Preise meckern. A.J Hackett und Peter Van Asch kann man nur auf die Schulter klopfen, dass sie Bungee-Jumping in die Tat umgesetzt zu haben. Auf so eine verrückte Idee muss man erst einmal kommen...

Am Ende wird man vom Seil im Gummiboot abgeborgen. Die Jungs haben sichtlich Spaß.