Tag 7+8: Fjordlands und die Touri-Industrie

Die Milford Mariner vor dem gewaltigen Mitre Peak - benannt nach der Bischoffsmütze Mitra.
Wer eine Kreuzfahrt machen will, ist immer gut beraten, Prospekte, Kataloge oder Magazine (unser Tipp: Koehlers Guide Kreuzfahrt von Herausgeber Oliver P. Mueller) genau anzusehen. Ansonsten geht man recht schnell baden oder der Urlaub bekommt, um im Bild zu bleiben, schnell mal Schlagseite.
Selbst als erfahrener Reisejournalist war ich überrascht wie dreist die Tourismus-Industrie der Kiwis Reisende abzocken kann. Insgesamt ist Neuseeland völlig amerikanisiert und somit kommerzialisiert. Wer glaubt, irgendwelche Local Guides würden einen "bevorzugen" oder gar echte Insider-Tipps geben, ist mal so richtig falsch gewickelt. Nur, weil man nett mit ihnen plaudert oder ihnen mit lustigen Scherzen Honig um die mittlerweile oft vorhandenen Bärte schmiert, ist man noch lange nicht gut angeschrieben. Nein, in Neuseeland zählt Cash. So oder so. Wer nichts bezahlt, bekommt auch nichts. Wer wenig bezahlt, bekommt wenig und wer mehr bezahlt ist einfach nur blöd. Und das funktioniert so:
Real Journeys, einer der größeren lokalen Anbieter von Touren auf der Südinsel, verspricht den von der Landschaft echt begeisterten Touristen beispielsweise eine "Overnight Cruise" auf einem ihrer besseren Schiffe im sagenhaften Milford Sound. Der Fjord ist seit den Tagen von Neuseeland-Entdecker James Cook und einem brutalen Robbenjäger, der ihn nach seinen walisischen Heimatfluss benannte, eine Art "Muss" für Neuseelandreisende. An dieser Stelle sei der Tipp erlaubt, eher den noch spektakuläreren Doubtful Sound zu bereisen (der bietet in jedem Fall auch etwas Wildlife). Senkrecht stürzen am Milford Sound die Felswände aus bis zu 1000 Metern Höhe in die Tiefe. Wasserfälle donnern über spektakuläre Kaskaden in die Tiefe. Der Mitre Peak, benannt nach einer Bischofsmütze, macht seinem Namen alle Ehre. Und gleich hinter dem legendären Fat Duck Café kommt der supermoderne Anleger, an dem auch Real Journeys seine Kreuzfahrten in den Sound betreibt. Den Namen "Cruise" haben diese allerdings nicht verdient. Eher wohl "Boat Trip" oder "Water-Sightseeing". Richtig gekniffen sind die Touristen, die eingangs erwähnten Overnight Cruises gebucht haben, die mit fast 1000 Dollar eine richtig schöne Kerbe in die Urlaubskasse hauen. Was da für den Preis geboten wird, ist, schlicht gesagt, eine Frechheit. Aber lesen Sie selbst.
Unter den Sterling Falls, den viertgrößten Wassefällen der Erde, geht es bis auf wenige Meter an die Felswände der Fjorde heran.

Die m Jahr 2000 gebaute und damit bedingt junge Milford Mariner, deren Besegelung ausschließlich zu Showzwecken dient, ist das Vorzeige- und im wahrsten Sinne des Wortes Piratenschiff der Flotte. Erst gegen 16:30 Uhr stampft das für ca. 60 Personen gebaute Schiff in den grandiosen Fjord - um nach nur ca. 30 Minuten (!) an einem steil abfallenden Kliff, auf dem sich mit Glück ein paar faulenzende Seerobben tummeln, aufzustoppen, dann umzukehren und in der gegenüberliegenden Bucht für die Nacht Anker zu werfen. Die Gesichter der asiatischen Touristen sprechen für sich, man selbst ist genauso enttäuscht. Die Entscheidung, in der - unverständlicherweise nicht in der Abendsonne gelegenen Bucht - sofort einen frustrierten "Sundowner" zu nehmen, erweist sich als goldrichtig. Denn ein Blick auf die erbärmlich mit Schimmelflecken belegten Schwimmwesten, die für den folgenden "Water-Activities" gereicht werden, macht klar: Das lässt man besser bleiben. Dass sich beim abendlichen Buffet unter grellem Neonlicht die Besatzung gleich mit an den Rechauds bedient, ist bei ernsthaften Kreuzfahrten ebenso unüblich, wie das scheinbar überflüssige Wechseln der Bettlaken. So etwas ist bei einem Preis wie für ein 5-Sterne Luxus-Ressort unfassbar.
Auch Schiffe anderer Unternehmen machen an dem wirklich supermodernen Anleger fest. Die Vorgehensweise, die Passagiere abzuzocken, ist überall gleich.
Der nicht gerade liebevoll gedeckte Tisch bei Real Journeys.
Für 1000 Dollar pro Nacht,
könnte man wohl anderes erwarten...
Dafür gibt es am folgenden Morgen einen armeemäßigen Start in den Tag. 30 Minuten Zeit fürs Frühstück, danach wird gnadenlos abgeräumt, während der Dampfer für eine kurze Schleife bis vor dem Milford Sound in völliger Dunkelheit los stampft. Wer auf spektakuläre Bilder hofft - Fehlanzeige. Schon um 9.15 Uhr läuft die "Milford Mariner" in den Hafen ein und die beteuernden "Thank you for choosing Real Journeys", glaubt man niemandem. Am wenigsten dem Captain, der Abends noch kumpelhaft Braten für die Passagiere und seine Crew am Buffet aufgeschnitten hatte und jetzt an der Gangway mit einem Besatzungmitglied Fotos vom Boarding der Passagiere verkloppen will.
Man muss es deutlich sagen: die anderen, günstigeren Anbieter machen das mit Sicherheit nicht besser. Aber wer seine Urlaubskasse schonen und Enttäuschugnen vermeiden will, bucht einfach eine günstigere, immer noch zu teure Day-Cruise. Denn der Milford Sound ist wirklich spektakulär und eine andere Möglichkeit ihn zu "erfahren" gibt es leider nicht... Schade.