Per Road-Van durchs Land der Kiwis

Land of the "WoMo" - atemberaubende Landschaften, schier unendliche Straßen...
Eines muss man den Kiwis lassen: Kein anderes Land auf der Erde ist so facetten- und abwechslungsreich wie Neuseeland. Von der Nord- zur Südinsel, die zusammen etwa der Fläche der alten Bundesrepublik entsprechen, wechselt das Landschaftsbild alle 100 Kilometer von einem Extrem ins andere. So lösen gewaltige, alpine Bergformationen unfassbar schöne Seenlandschaften ab, Traumstrände mit Südseecharakter trifft man ebenso wie schroffe, wild zerklüftete Steilküsten, die schon fast an Schottland erinnern. Dann wiederum fühlt man sich in sanften grünen Hügellandschaften mit tiefen Wäldern ins Auenland der Hobbits versetzt - nicht umsonst hat Regisseur Peter Jackson Neuseeland als Drehort für die Trilogie seiner Herr der Ringe Saga ausgewählt.
Doch wie erkundet man ein Land wie dieses am besten? Wie schafft man es in relativ kurzer Zeit, möglichst viel zu sehen? Die Antwort ist denkbar einfach: Mit dem Road-Van! Und so wagt sich das Team von TenTower Press auf eine 3000 Kilometer lange Tour von Christchurch entlang der Küsten zum Doubtful- und Milford Sound. Zum Zentrum der Aussteiger und Abenteuer nach Queentown und weiter zu den Pinguin-Kolonien an der Ostküste bis auf die Nordinsel mit Wellington und Auckland.
A long road to go.
Auf der Fiat Ducati-Plattform gebautes WoMo von Iconic Motorhomes
Gott sei Dank sind die Zeiten der rollenden Chemoklos aus Plastik mit billiger Auslegeware in Brauntönen viele Jahre vorbei. Moderne Road-Vans sind stylisch, ja geradezu luxuriös ausgestattet, bieten viel Platz, verfügen auch für die härteren Pässe über eine ausreichende Motorisierung. Unsere Wahl fiel auf die Wohnmobil-Spezialisten "iconic" Motorhomes, deren Flotte kein Fahrzeug von einem Alter über zwei jahren aufweist und top ausgestattet ist.(www.iconicmotorhomes.com). Wir sind sehr gespannt, wie sich so eine Tour anfühlen wird - zumal Neuseeland eines der wenigen Länder auf der Erde ist, in denen das "wilde" Campen mitten in Traumlandschaften noch erlaubt ist.
Begleiten Sie uns auf eine Reise zu den  schönsten Zielen in Neuseeland und erfahren Sie im wahrsten Sinne des Wortes das land der Kiwis...

Ab 22. März (fast) täglich auf diesem Blog...


Tag 1: TNT und Rinderwahn

Ein paar ehrliche Wanderschuhe - Down Under können die schnell mal zu richtig Ärger führen.

Was haben Trinitrotoluol und BSE-Viren gemeinsam? Natürlich nichts. Denkt man zumindest als vernunftbegabter Mitteleuropäer. Doch so ca. 20.000 Kilometer weit weg von Zuhause können TNT und Rinderwahn eine echt explosive Mischung bei der Durch- oder Einreise in die ehemaligen Kolonien ihrer britischen Majestät sein. Durch die zurückliegenden Anschläge islamistischer Terroristen und einer gerade vor den Gewässern Australiens verschwundenen Boeing Triple Seven, herrscht bei den Behörden "Down Under" Nervosität. Und wenn dann auch noch ein groß gewachsener Deutscher mit sehr viel Kamera-Equipment am Nackt-Scanner ansteht, schaut man ja schon mal genauer hin. Interessanterweise kommt ein kleinwüchsiger Herr aus Dubai, der tatsächlich in mehrere, strahlend weiße Saunahandtücher als eine Art Kaftan gewickelt ist (kein Scherz) noch völlig unbehelligt durch den Security-Check am Sydney International Airport. Doch dann passiert es:

Tag 2: Ghost-Town - vom Kampf gegen das Verlieren

Zeugin der brutalen Kraft eines Erbebens: die Christus-Kathedrale in Christchurch. Seit über zwei Jahren eine Ruine.

Im Grunde ist es wirklich traurig: Christchurch, mit einst über 360.000 Einwohnern, bekommt von so ziemlich jedem Reiseführer (verdientermaßen) eine gewaltige Dosis Mitleid ab. Die Stadt würde sich nach den zwei verheerenden Erdbeben von 2010 und 2011 langsam wieder erholen und befände sich auf dem Weg nach oben, schreiben die Autoren. Mit guter Absicht. Doch die Wirklichkeit sieht anders und erschreckend aus. Christchurch ist wie paralysiert. Die drittgrößte Metropole der Kiwis ist eine Geisterstadt. Seltsam unbelebt und etwas verstörend - zumindest für von Erdbeben weitestgehend verschonten Mitteleuropäern.

Tag 3 + 4: Der Mythos vom Happy Camper

Nicht nur frisch, sondern gut: die Wahl des WoMo FB 682 von Iconic Motorhomes - unser Zuhause für die nächsten drei Wochen.
Schon vor zwanzig Jahren, als man als Backpacker durch die Weltgeschichte reiste, konnte ich sie nicht verstehen - die Camper. Eine ganz eigene Spezies Mensch, die ihr Heil im Ansteuern möglichst voll ausgestatteter Wohnmobilanlagen mit eigenem Strom- und Wasseranschluss, Stellplatznummer sowie Gemeinschaftsküche suchen. Und auch hier, in einer der atemberaubendsten Landschaften Neuseelands, am Lake Tekapo im Mackenzie County, mitten auf der Südinsel, treffen wir sie: Leute, die 22.000 Kilometer Anreise in Kauf nehmen, um dann in einem Wohnmobilpark mit dem Charme einer Autobahnrststätte am Rhein-Herne Kanal ihren Urlaub zu verbringen. Darunter auch viele Deutsche.

Tag 5 + 6: Heli-Ride zum Aoraki

Landung auf dem Schneefeld gegenüber des Mount Cook.
Dass Reisen in der Nebensaison hat immer Vorteile. Auf unserem Weg zum Sir Edmund Hillary Camp am Fuß des mächtigen Mount Cook passieren wir mit dem Road Van ein kleines Airfield. Genauer gesagt einen Hubschrauber-Landeplatz mit Namen Tekapo Helikopters. Ein noch ganz modernes Gebäude auf dessen betoniertem Landeplatz ein fünfsitziger Heli steht, der in der Sonne funkelt. Denn der Tag ist ungewöhnlich schön. Der Himmel ist tintenblau, es ist fast windstill und Pilot Bob, ein schlaksiger Mitdreißiger, freut sich, dass er Kundschaft bekommt. Ja, ein "Snowlanding" auf einem Schneefeld oben in den Bergen sei auch drin. 330 Dollar pro Person sind zwar schon etwas happig, aber dafür geht es über eine Stunde durch die grandiose Bergkukisse entlang der kristallklaren Seen Lake Tekapo und Lake Pukaki.

Tag 7+8: Fjordlands und die Touri-Industrie

Die Milford Mariner vor dem gewaltigen Mitre Peak - benannt nach der Bischoffsmütze Mitra.
Wer eine Kreuzfahrt machen will, ist immer gut beraten, Prospekte, Kataloge oder Magazine (unser Tipp: Koehlers Guide Kreuzfahrt von Herausgeber Oliver P. Mueller) genau anzusehen. Ansonsten geht man recht schnell baden oder der Urlaub bekommt, um im Bild zu bleiben, schnell mal Schlagseite.
Selbst als erfahrener Reisejournalist war ich überrascht wie dreist die Tourismus-Industrie der Kiwis Reisende abzocken kann. Insgesamt ist Neuseeland völlig amerikanisiert und somit kommerzialisiert. Wer glaubt, irgendwelche Local Guides würden einen "bevorzugen" oder gar echte Insider-Tipps geben, ist mal so richtig falsch gewickelt. Nur, weil man nett mit ihnen plaudert oder ihnen mit lustigen Scherzen Honig um die mittlerweile oft vorhandenen Bärte schmiert, ist man noch lange nicht gut angeschrieben. Nein, in Neuseeland zählt Cash. So oder so. Wer nichts bezahlt, bekommt auch nichts. Wer wenig bezahlt, bekommt wenig und wer mehr bezahlt ist einfach nur blöd. Und das funktioniert so:

Tag 9: Toblerone Mountain

Grandiose Landschaft in den Bergen: der Lake Marian auf der Südinsel im Höhenzug der Fjordlands.
Nach einem schon ärgerlichen Bericht von der leider auch existenten Touristenabzocke bei den Kiwis, muss man dann doch noch einmal die unglaubliche Schönheit dieses Landes hervorheben. Und es sind - wie immer im Leben - die einfachen Dinge, die bestimmte Momente unvergesslich machen. Während sich Horden von asiatischen oder US-amerikanischen Reisegruppen mit Bussen zu Neuseelands Hauptattraktionen gondeln lassen, ohne auch nur in Schweiß zu geraten, findet man die wahre Majestät landschaftlicher Erhabenheit nur durch Anstrengung und Bereitschaft Risiken einzugehen. Etwas, dass Bergsteiger beispielsweise sofort unterschreiben. Was schwülstig klingen mag, belegen die Bilder. Nach einem zweistündigen, richtig harten Aufstieg auf einem steilen, unterhalb schwindelerregender Kreten in den Urwald getriebenen Pfad, erreichen wir einen dieser sehr seltenen Orte auf Erden. Den Lake Marian. Verwunschen. Abgelegen. Malerisch. Ein wie vom Herrgott selbst geschaffenes Kleinod.

Tag 10: Bungee - das Original!

Am Gummiseil 43 Meter in die Tiefe stürzt man dem Kawarau-Fluss entgegen.
Wie schnell die Jahre vergehen, bemerkt man mit Erschrecken am Betrachten älter Fotos. Kurz nach dem wir mit unserem Bolero Road Van die alte, kurvige Straße vom Lindis Pass in Richtung Queenstown gerollt sind, passieren wir die alte Kawarau Bridge, die erste Drahtseil Hängebrücke Neuseelands, die schon 1889 über den gleichnamigen Fluss im tief eingeschnittenen Tal geschlagen wurde.
Hier begannen zwei Neuseeländer und "Queenstown Locals" AJ Hackett und Henry Van Asch fast genau 100 Jahre nach dem Brückenbau mit ihrem legendären Bungee-Jumping (die Neuseeländer schreiben Bungy überwiegend mit "y"). In dem mittlerweile super modernen, voll kommerzialisierten Bungee-Center-Gebäude, das sich in den Fels am Ufer des Kawarau schmiegt, hängt gleich zu Anfang eben ein Foto der beiden Bungee-Jünger - nur ist das aktuell und zeigt zwei Endfünfziger, die sonnengebräunt in die Kamera lachen. Gleich daneben ein Foto aus dem Gründungsjahr, wo die Jungs noch aussehen wie Dieter Bohlen und Thomas Anders. Mit Fukuhila-Frisur und bunten, ballonseidenen Trainingsanzügen. Eben vor gut 26 Jahren, als die beiden als Spätzwanziger die ursprüngliche Idee des Oxford University Dangerous Sports Club in ihre Heimat importierten (die hatten sich das vom Männlichkeitsritual der Lianenspringer von Pentecôte abgeschaut).
Furchterregend - gemeint ist der Twen und Bungee-Master, der aussieht, als sei er. Gerade vom Afghanistan-Feldzug zurück...

Tag 11 + 12: Kayaking auf dem Dart River

Kayaks in knallorange warten am Dart River auf ihre Passagiere.
Irgendwas ist immer: Ausgerechnet im Gebiet nördlich von Queentstown, am riesigen Lake Wakatipu ist das Freedom Camping untersagt. Das Dorf Glenorchy, am Nordende des Sees, ist in der Tat gottverlassen. Zwei Kneipen, ein Kiosk - that's it. Und ein Campingplatz, der den Namen nicht verdient. Dessen Besitzer aber zweifellos in die umliegenden "No Camping Schilder" investiert hat, um selbst Kasse zu machen. Auch eine längere Fahrt um den Mount Arthur im Mündungsdelta des Dart River bringt keinen Nachtplatz. zwar kann man auf das trockene Flussbett fahren (grandioses Erlebnis) und theoretisch überall stehen, doch man weiß aus den Alpen - fällt Regen, kann sich der Fluss schnell in eine reißendes Etwas verwandeln. Und mit dem Wohnmobil wollten wir dann über Nacht dann doch nicht in den Wakatipu See treiben. Am Ende löst das Problem die Gastfreundschaft und Geschäftstüchtigkeit der Kiwis. Tim, der Besitzer des einzigen Restaurants in Glenorchy bietet uns großzügig an, die Nacht auf seinem Parkplatz zu verbringen. Wenn wir natürlich bei ihm essen. Was wir auch tun. Die Locals an der Theke aber sind etwas wortkarg und könnten dringend eine Dusche gebrauchen, aber so genau nimmt man es hier draußen nicht.

Tag: 13 + 14 All the Way down South

Es geht immer weiter Richtung Süden. Hier über den Sunny Creek im Hollyford Tal.
Distanz, das lernt man in Südwest-Afrika oder in Chile, sollte man bei einem lang gestreckten Land nie unterschätzen. Zwar hat Neuseeland "nur" die Ausdehnung der alten Bundesrepublik nach Kilometern, doch durch die Topographie in den Fjordlands schlängeln sich die Straßen derart durch wild zerklüftete Berglandschaften und hügelige Täler, dass man leicht auf die doppelte, wenn nicht dreifache Entfernung der Luftlinie kommt. So kann es einem passieren, dass man, um an einen nur ca. 25 Kilometer entfernten Ort zu kommen, hunderte von Kilometern fahren muss. So geschehen bei unserer Fahrt zum Milford Sound. Das mächtige Gebirge ist ein einfach nicht zu überwindendes Hindernis. Die Straßen aber - das muss man den Neuseeländern lassen - sind in absolutem Bestzustand. Für Motorrad-Tourenfahrer der Traum schlechthin. Stundenlanges Fahren über kurvenreiche, alpine Pässe ohne jemanden zu begegnen ist hier Standard. Und auch mit Wohnmobilen sind alle Routen prima zu befahren.

Tag15 + 16: Nächste Küste - Antarktis

Der Kākāriki, der Neuseeland-Papagei. Bunt gefiedert macht er Geräusche, die sich wie Lachen anhören.

Plötzlich ist der Regen da. Mal ganz leicht, als Sprühregen, dann plötzlich mit dicken, kalten Tropfen. Waren es am Tag zuvor noch fast 25 Grad bei Sonnenschein, sind es nun kühle 12. Ivan MacAllister, der Kapitän der Speedbootfähre grinst und zeigt auf der Karte, dass wir ja nur gerade einmal 4.500 Kilometer vom antarktischen Kontinent entfernt sind. "Ya are more southernly than Tasmania", erklärt der sehr schottisch aussehende Seemann und deutet auf den Breitengrad, der noch deutlich unter Hobart liegt. Wir sollten mal schön unseren Aufenthalt genießen, außerdem wären bei Regenwetter die Vögel im Wald aktiver. Eine Anmerkung, mit der der Neuseeländer recht behalten sollte.

Tag 17: Die Kiwis und das Bier

Zapfhahngalerie bei den Kiwis. Die Neuseeländer lieben Bier.

Als gebürtiger Sauerländer kommt man nicht drumherum - ein Kapitel über das Bier zu schreiben. Es lässt sich zunächst in einem Satz zusammenfassen: der Kiwi neigt zum sehr verhopften, etwas zu kohlensäurehaltigen und oftmals zu verspielten Gerstensaft. Das dies geradezu zelebriert wird, muss als erfreulich beurteilt werden. Kaum ein Supermarkt (Fresh Choice, New World), der nicht einen gewaltigen Kühlraum anbietet, in dem nicht mindestens 20 Biersorten stehen.

Tag 18 + 19: Yellow Eyed Penguins und Baby-Robben

Eine Baby-Robbe (Kekeno) am Strand von Cape Saunders. Wie Welpen tollen Sie neugierig heran.
Sie sind die seltensten und scheusten Vertreter ihrer Art: die Gelbaugen Pinguine an der Ostküste Neuseelands. Sie bauen ihre Nester bis zu einem Kilometer weit im Inland, setzen die Paarung und das Brüten aus, wenn Gefahr droht und selbst wenn ein anderes Gelbaugen-Paar zu dicht an die eigene Behausung kommt. Es hätte nicht viel gefehlt, dann wären die drolligen,etwas tollpatschigen Gesellen ausgestorben. Ein strenges Artenschutz-Programm der Neuseeländer hat ihren Bestand auf inzwischen wieder 3000 angehoben. Umso überraschender die frühmorgendliche Begegnung mit dem Yellow Eyed Penguin an einem kleinen Strand an der Spitze der Otago Peninsula vor Dunedin. Der knopfäugige, unbeholfene Nachwuchs der "Sea Furs" toppt jedoch alles - näher kann man den kleinen Rackern in freier Natur ihnen (außer im Zoo oder Privatgehegen) wohl kaum kommen...